Keine Angst vorm Chef!

Wissen Sie eigentlich was eine große Koalition ist? Selten ist sie! Schauen Sie sich um in Europa – sehr selten werden Sie eine Koalition zwischen Sozial- und Christdemokraten finden!

Warum aber ist das so? Nun ich glaube deshalb, weil es wohl wesentlich einfachere Konstellationen gibt. Konstellationen, in denen die Unterschiede in den Standpunkten zu spezifischen Themen wie auch zur allgemeinen Einstellung nicht so groß sind. Konstellationen, in denen leichter ein Kompromiss zu finden ist.

Nichts desto trotz haben die langen Jahre der Koalition der SPÖ/ÖVP Koalition dem Land genützt! Es geht uns hier nach allen möglichen Kennzahlen besser, als den meisten Europäern, unser Wohlstand ist beachtlich und auch in Zeiten der Krise – die heutige Rede der Frau BM Fekter hat es wieder gezeigt, entwickeln wir uns besser als andere. Das bitte Sie immer im Hinterkopf zu behalten, wenn wieder mit Worten wie Stillstand geworfen wird!

Diese Regierungsform hat also dem Land gut getan, sie hat aber der Politik nicht gut getan!

Sie zwingt die beteiligten Parteien zum Ausgleich – was für das Land meistens gut ist – den Parteien aber oft einiges abverlangt. Manchmal ist daher der Ausgleich, also ein sinnvoller Kompromiss nicht zu finden und dann brauchen wir Klarheit.

Ich zitiere Artikel 9a Absatz 3 der Bundesverfassung:
„Jeder männliche Staatsbürger ist wehrpflichtig. Staatsbürgerinnen können freiwillig Dienst im Bundesheer als Soldatinnen leisten und haben das Recht, diesen Dienst zu beenden.“

Seit Michael Häupl drei Tage vor der Wiener Wahl die Parteilinie umgedreht hat, ist kein Stein mehr auf dem anderen geblieben. Die Soldatinnen und Soldaten fühlen sich an die Verfassung gebunden, der Minister nicht mehr. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist das gute Recht einer Partei, ihre Meinung zu ändern. Wenn sie ihre neue Linie aber parlamentarisch nicht durchsetzen kann, dann ist es nicht das Recht des Ministers, die verfassungsmäßigen Regeln zu hintertreiben. Ich bin Michael Spindelegger daher sehr dankbar dafür, dass er als erstes nach dem Sommer mit BK Faymann schnell und klar beschlossen hat, diesem Treiben entweder die Absolution des Wählers, oder aber ein Ende zu bereiten! Wir brauchen diese Entscheidung, um nicht schleichend ein Nichtheer zu bekommen!

Eine weitere essentielle Komponente bei dieser Volksbefragung ist folgende: Sie fällt in eine Zeit, in der es eine besorgniserregende Kluft zwischen den politischen Vertretern und den Vertretenen gibt. und das gilt für alle Vertreter, auch für Sie hier in der Opposition! Wenn Sie das leugnen, sind Sie ein Realitätsverweigerer!

Wir müssen, um gegen diese Kluft anzukämpfen – ich hoffe wenigstens in diesem Ziel sind wir uns alle einig, ehrlich sein. Zum Beispiel: Die Österreicher präferieren seit Jahrzehnten mit riesigem Vorsprung die große Koalition – dann müssen sie aber auch wissen, dass eine große Koalition bestimmte Fragen einfach nicht lösen KANN, wenn das bedeuten würde, dass dabei eine Partei sich selbst aufgeben müsste.

Die Frage Wehrpflicht oder Berufsheer ist das perfekte Beispiel dafür! Sie lässt sich ganz einfach NICHT mit einem Kompromiss lösen! Wenn eine Seite die Verfassung nicht mehr akzeptieren will, dann gibt es nur einen Ausweg. Der Souverän, das Volk oder um es auf den Punkt zu bringen: Der Chef und die Chefin müssen entscheiden! Was sollen wir Ihrer Meinung nach sonst tun? Soll sich der österreichische Verteidigungsminister wieder auf dem Boden der Verfassung bewegen oder sollen Berufsheer und Zivildienst abgeschafft werden?

Nein, es ist absolut nichts dabei, zu sagen: Hier werden wir uns nicht einig – hier brauchen wir ein Machtwort vom Chef, also vom Volk. Es ist nicht nur nichts dabei, ich halte es sogar für absolut notwendig, dass wir uns viel enger mit unseren Wählern, also unserem Chef kurzschließen. Es ist der einzige Weg, um diese Kluft wieder zu schließen. Als einzige Partei hat die ÖVP mit dem Demokratiepaket einen ausgewogenen und seriösen Maßnahmenkatalog dazu vorgelegt, dessen Ziel genau das ist: die Kluft muss weg!

Zumindest müssen wir ernsthaft an ihrer Verkleinerung arbeiten. In diesem Sinne verstehe ich die Volksbefragung als Chance, eine Chance den Sonntagsreden über direkte Demokratie endlich einmal konkrete Taten folgen zu lassen. Sie werden sehen, das Beispiel wird Schule machen!

Aber es gibt mehr zu tun! Wir müssen sicherstellen, dass es in jedem Wahlkreis wieder einen direkt gewählten Abgeordneten gibt. Wir müssen sicherstellen, dass durch stärkere Persönlichkeitselemente die Rückkoppelung mit der Bevölkerung wieder besser funktioniert. Wir verlangen daher dringend eine stärkere Personalisierung des Wahlrechts durch mehr Direktmandate in den Wahlkreisen und eine massive Aufwertung der Vorzugsstimmen. Ich habe noch kein einziges Argument dagegen gehört, daher frage ich: Warum machen wir das nicht einfach? Machen Sie einmal eine Umfrage, wie viele Österreicher wissen, wie die NR AGB aus ihrem Wahlkreis heißen. Das Ergebnis wird für mich und meine Kolleginnen und Kollegen ernüchternd sein.Das ist die Kluft von der ich spreche und mit unserem Demokratiepaket bauen wir eine Brücke drüber!

Der zweite große Punkt in unserem Demokratiepaket sind automatische Volksbefragungen. Reflexartig wird das immer als Angriff auf das Wesen der repräsentativen Demokratie verstanden. Volksbegehren, die bei einem hohen Zuspruch zu bindenden Volksbefragungen werden hebeln das Parlament aus? Wer glaubt das wirklich? Es geht hier nicht ja wohl nicht darum was das Parlament will, es geht hier darum was der Chef will! Das Parlament ist dazu da, um ihn zu vertreten, wenn er ab und zu einmal selber was sagen will, ist das sein gutes Recht! Den größten Schaden fügen jene der repräsentativen Demokratie zu, die nicht mehr Ihre Wähler repräsentieren, sondern nur mehr ihre Partei. Ich frage daher diese Verteidiger der repräsentativen Demokratie: Was wollen Sie denn beschützen? Wovor haben Sie Angst? Dass die Mehrheit einmal anderer Meinung ist als Sie? Als gute Demokraten sollten wir gerade damit kein Problem haben! Keine Angst vorm Chef, kann ich da nur sagen!

Wir müssen sicherstellen, dass mittels weiterer direkt-demokratischer Elemente der Einfluss dieses unseres Chefs während der Legislaturperiode gestärkt wird und zwar gerade dann, wenn entweder elementare Grundsatzentscheidungen wie diese anstehen oder wenn große Anliegen der Bevölkerung nicht gehört werden. Dafür arbeiten wir an diesem Demokratiepaket! Aufwertung von Volksbegehren, Bürgeranfragen an Minister, die im Parlament eingebracht werden können, online Zugänge für Volksbegehren und Petitionen, ein modernes und persönliches Wahlrecht und vieles mehr. Das sind der Mörtel und der Zement für den Bau der Brücke über die Kluft zwischen uns und denen, die wir vertreten.

Schauen Sie sich doch nur an, in welchen Schlamassel sich Rot/Grün in Wien geritten hat, durch bloße Angst vor dem Wählerwillen! Wer weiß, vielleicht wäre eine Mehrheit sogar für das Parkpickerl gewesen, nun werden wir es nicht mehr erfahren. Was bleibt ist eine weitere Beschädigung der Politik, eine Vergrößerung der Kluft. Angst ist niemals ein guter Ratgeber und Angst vorm Chef schon gar nicht! Als Politiker ist es unsere Aufgabe die Gesellschaft zusammen zu halten und wo notwendig, sie zusammen zuführen. Die Elemente der direkten Demokratie, die wir fordern, sind genau der Kitt, den unsere Gesellschaft braucht – autoritäre Entscheidungen dividieren uns nur auseinander und dabei gewinnt am Ende niemand. Auch nicht im Wiener Rathaus.

In diesem Sinne leben wir mit dieser Volksbefragung Demokratie vor, wir haben keine Angst davor, dass die Österreicher und Österreicherinnen anders entscheiden als wir es uns wünschen. Wir werden aber eines tun: wir werden alles geben, um die Menschen von unserem Standpunkt zu überzeugen und damit sind wir beim Kern unseres Demokratiepakets. Informieren, Diskutieren und Überzeugen – das ist es was die Kluft abbaut und das ist es, was mehr direkte Demokratie von uns verlangt.