Zur Frage 3: Soll ich Sie vor dem Verdursten/ Erfrieren/Verbluten retten?

geschuetztDie Frage gegen die Privatisierung städtischer Betriebe bei der Wiener Volksbefragung 2013 ist der bisherige Gipfel des Populismus in Österreich.
Wie Sie, geschätzter Leser, bereits an der Unterüberschrift erkennen können, nehmen es die Verfasser der Wiener Volksbefragung 2013 nicht so genau mit den Mindeststandards der Objektivität. Es ist nämlich tatsächlich eine Frage „gegen“ eine mögliche Privatisierung. „Sind Sie dafür, dass diese Betriebe [Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel] vor einer Privatisierung geschützt werden?“ lautet sie konkret und alles andere, als ein millionenfaches „Ja“ der Wienerinnen und Wiener wäre wohl die Blamage des Jahrhunderts für Bürgermeister Michael Häupl und seine Wiener SPÖ.
Nun, um etwas schützen zu können, müsste es zunächst eigentlich gefährdet sein. Der weiße Ritter muss seine Angebetete zumindest gegen ein paar Lausbuben, Stiefmütter oder böse Prinzen verteidigen können, ansonsten funktioniert die Handlung des Märchens mangels Spannungsaufbau einfach nicht. Im Hollywoodklassiker „Wag The Dog“ gelingt es einem amerikanischen Spindoktor, mit einem erfundenen Krieg seinem Auftraggeber die Wiederwahl als Präsident zu sichern, ob sich aber das Wiener Kanalnetz genauso für eine politische Schmierenkomödie eignet, ist fraglich.

Nur zur Erinnerung: Erstens wollte und will niemand die angesprochenen Stadtbetriebe samt und sonders verkaufen, wie es die Frage impliziert. Keine Wiener Partei hat das jemals gefordert. Zweitens verfügt die rot-grüne Stadtregierung über eine komfortable Mehrheit, die ihr die Verhinderung etwaiger Privatisierungen leicht ermöglicht. Drittens hat die SPÖ bereits angekündigt, selbst für den Fall, dass sich eine Mehrheit gegen den „Schutz vor der Privatisierung“ aussprechen würde, kein Verkauf städtischer Betriebe erfolgen würde. Deutlicher kann man die Sinnlosigkeit dieser Frage eigentlich gar nicht machen. Viertens – und das sollte eigentlich erstens sein – ist eine Privatisierung nichts, wovor man ein Unternehmen schützen müsste! Es ist momentan gerade nicht sehr „in“, aber es bleibt nach wie vor eine Tatsache, dass eine überwältigende Mehrheit von privatisierten Betrieben effizienter, kostengünstiger und gewinnbringender arbeiten kann, wenn sie dem politischen Einfluss entzogen wurde.

Michael Häupl sitzt also, um bei diesem Bild zu bleiben, zwar in glänzender (und eigens maßangefertigter) Rüstung auf einem roten Gaul, sein Schwert schlägt aber ins Leere – kein Gegner, keine Gefahr weit und breit. Ob der Applaus der Wienerinnen und Wiener ob dieses skurrilen Schauspiels ein tosender sein wird, bleibt abzuwarten.

P.S. Wie uns verschiedenste Demoskopen seit Jahrzehnten lehren, werden Wahlen gerne zur Verteilung von Denkzetteln genutzt. Gerade diese Frage scheint sich dafür über alle Maßen zu eignen ;-)